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Lexikon > Balanced Scorecard


Balanced Scorecard (Abkürzung BSC; englisch für ausgewogener Berichtsbogen) ist ein Konzept zur Messung, Dokumentation und Steuerung der Aktivitäten eines Unternehmens bzw. einer Organisation im Hinblick auf seine Vision und Strategie.1

Überblick


, Verifizierung und Maßnahmen-Management (Eigene Darstellung)]]Die Balanced Scorecard geht auf Arbeiten von Robert S. Kaplan und David P. Norton Anfang der 1990er Jahre an der Harvard-Universität zurück. Die Balanced Scorecard dient als Führungsinstrument zur Ausrichtung der Organisation an strategischen Zielen. Im Gegensatz zu Unternehmensleitbildern und anderen unscharfen Formulierungen versucht die Balanced Scorecard die Erreichung von strategischen Zielen messbar und über die Ableitung von Maßnahmen umsetzbar zu machen. Im Gegensatz zu klassischen Kennzahlensystemen lenkt die BSC den Blick über die unterstellten Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge aber auch auf nicht-finanzielle Indikatoren. 1996 arbeiteten bereits etwa 60 % der Fortune-Unternehmen mit der Balanced Scorecard.
Das Grundkonzept basiert auf der Idee eines logischen oder physischen Objektes bzw. Systems, welches Informationen und/oder Materie aus seiner Umwelt aufnimmt, verarbeitet, in veränderter Form an seine Umwelt abgibt und darauf eine materielle und/oder immaterielle Antwort in Form einer Wirkung bzw. eines Effektes erhält (Input > Prozess > Output > Return/Outcome/Impact/Result). Die Logik der BSC fragt allerdings im Sinne des Kanban oder eines Pull-Push-Prinzips zunächst danach, welche Wirkung erzielt werden soll, um davon ausgehend "rückwärts" bis zum notwendigen Input zu gelangen.
Wesensmerkmale der BSC sind dabei:
  • Abgrenzen eines Systems
  • Abbilden der Regel-Struktur des Systems, d. h. seiner Zweck-Mittel- bzw. Ursache-Wirkungs-Logik (Strategie/Validierung; "Tun wir das Richtige?")
    • Erfassen der ideellen und materiellen Elemente (Objekte bzw. Knoten)
    • Erfassen der Beziehungen zwischen den Elementen (Funktionen bzw. Kanten)
    • Bestimmen von Meßgrößen (Attribute bzw. Kanten- oder Knoten-Gewichte (Typ)) zu den ausgewählten Objekten und Funktionen
    • Bewerten der Beziehungen zwischen den Elementen (Art, Richtung, Stärke bzw. Gewicht)
    • Auswählen der wichtigsten Objekte und Funktionen (Strategie statt "Hygiene")
  • Herstellen von Steuerungsfähigkeit (Controlling/Verifizierung; "Tun wir es richtig?")
    • Bilden von Ziel-Werten zu den Meßgrößen (Soll)
    • Sammeln von Meß-Werten zu den Meßgrößen (Ist)
    • Ableiten von Prognose-Werten (Erwartung)
  • Behandeln von Ausnahmen bzw. Abweichungen, d. h. Managen von Maßnahmen
    • Ableiten von Maßnahmen bei Abweichungen zwischen Soll und Ist bzw. Erwartung
    • Umsetzen der Maßnahmen

So lassen sich sowohl die argumentativ-logischen Grundlagen des (Geschäfts-)Systems (Strategie bzw. Validierung) als auch deren operativ-praktische Umsetzung (Controlling bzw. Verifizierung) abbilden und steuern. Kern des Ansatzes ist, wie bei anderen Management-Methoden auch, Graphen, Bäume, Listen und Matrizen zur Strukturierung und Bearbeitung eines Problems, in diesem Fall Organisationsgestaltung, einzusetzen.
Der Begriff BSC wird irrtümlich für verschiedene Arten von kennzahlenbasierten Systemen verwendet. Die BSC, die eine Ursache-Wirkungs-Analyse verlangt, ist aber eine originär andere Managementmethode als die deskriptive Prozesskostenrechnung oder das klassische monetäre Kennzahlensystem (siehe etwa Du-Pont-Schema). Aufgrund ihrer flexiblen und damit umfassenden Gestaltungsmöglichkeit ist die Balanced Scorecard ein Instrument zur Einrichtung eines integrierten Managementsystems. Über die Kennziffern zu den Funktionen und Attributen der betrachteten Objekte in der BSC wird es möglich, die Entwicklung der Geschäftsvision zu verfolgen. Auf diese Weise ermöglicht die BSC dem Management, nicht nur die finanziellen Aspekte zu betrachten, sondern auch strukturelle Frühindikatoren für den Geschäftserfolg zu steuern.
Die Dimensionen der BSC werden für den jeweiligen Zweck bzw. die jeweilige Organisation individuell festgelegt. Sie umfassen aber praktisch immer die Finanzperspektive (Return) und die Kundenperspektive (Output), meist auch die Prozessperspektive (Prozess) und die Potential- oder Mitarbeiterperspektive (Input). Ausgehend von einer Strategie, die neben den Shareholdern auch andere Stakeholder (z. B. Mitarbeiter, Lieferanten) berücksichtigt, werden kritische Erfolgsfaktoren (KEF) bestimmt und daraus mit Key Performance Indicators (KPI) ein Kennzahlensystem (scorecard) erstellt. Die Messgrößen repräsentieren den Erfüllungsgrad der strategischen Ziele. In einem kontinuierlichen Prozess werden Ziele und Zielerreichung überprüft und durch korrigierende Maßnahmen gesteuert.
Mit den Methoden der BSC soll das Blickfeld des Managements von einer traditionellen, durch finanzielle Aspekte gekennzeichneten Unternehmenssicht auf alle relevanten Teile gelenkt werden und so zu einem ausgewogenen (balanced) Bild führen. Die umfassendere Sicht ermöglicht dann konkretere Maßnahmen zur Ausrichtung der Organisation an den vorgegebenen Zielen. Konstitutives Element einer Balanced Scorecard ist das Ursache-Wirkungs-Diagramm. Durch die Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge wird die Unternehmensstrategie mit der Kundensicht, diese mit der Prozesslogik und die wieder mit Maßnahmen auf Mitarbeiterebene verbunden. Die Logik der Abhängigkeiten führt also fast automatisch durch alle vier gewünschten Sichtweisen.
Die Abhängigkeiten lassen sich einfach ermitteln, indem alle betroffenen Ziele und Erfolgstreiber (Objekte) in einer (Kreuz-)Tabelle (Matrix) sowohl spalten- wie zeilenweise abgetragen werden und daraufhin die jeweiligen Abhängigkeiten bzw. Beziehungen (Funktionen) hinsichtlich ihrer Signifikanz, Relevanz oder auch Validität im Rahmen der Validierung bewertet werden. Nachdem die Abhängigkeiten erarbeitet sind, wird das BSC-Diagramm in eine BSC-Story ausformuliert, z.B.: Um ein besseres finanzielles Ergebnis zu erzielen, müssen mehr Premiumkunden angesprochen werden, die wiederum einen ausgefeilten Betreuungsprozess erwarten, der nur durch gut geschulte Mitarbeiter sichergestellt werden kann. Dann werden tatsächliche und erwartete Werte der Meßgrößen (Attribute) abgebildet und in einem Soll-Ist-Vergleich oder auch Verifizierung abgeglichen. Anschließend werden mögliche bzw. notwendige Maßnahmen, sowohl im Hinblick auf das Geschäfts-System wie auf die Scorecard selbst, diskutiert, definiert und umgesetzt. Abschließend wird eine Gesamtbewertung vorgenommen. Der Prozess wird regelmäßig wiederholt.
Um das BSC-Diagramm sinnvoll zu entwickeln, sollten idealerweise Interessenvertreter aus allen Unternehmensbereichen sowie Kunden, Lieferanten und andere Dritte einbezogen werden. Dadurch kann die BSC eine Rolle in einem Veränderungsprozess (Change Management) spielen. Wenn viele Betroffene in die Entwicklung der BSC eingebunden werden, wird die Strategie besser akzeptiert und die vorgesehenen Maßnahmen lassen sich besser umsetzen.
Typischerweise werden die strategischen Ziele aus verschiedenen Perspektiven betrachtet: Finanzen, Kunden, Prozesse (interne Abläufe) und Mitarbeiter (Wachstum und Reifung). Andere Perspektiven sind sinnvoll, wenn das Unternehmen starkes Gewicht darauf legt (z. B. Partnermanagement oder Lieferanten-BSC). Für jede der Perspektiven werden Kennzahlen ausgewählt, die die Annäherung an die strategischen Ziele messen. Die Herausforderung liegt in der Auswahl weniger und zugleich relevanter Kennzahlen, die sich idealerweise in den verschiedenen Sichtweisen auch direkt beeinflussen. Beispielsweise sollte ein Kundenindikator so gewählt werden, dass seine Erreichung einen positiven Beitrag auf den übergeordneten Finanzindikator hat.
In der BSC werden die Ziele ausgewogen verfolgt, das heißt, es werden ständig die Auswirkungen der Maßnahmen auf alle Ziele bewertet. Aus psychologischer Sicht erfordert diese eine geringe Anzahl von gleichzeitig zu betrachtenden Kennzahlen, typischerweise ein bis zwei pro Perspektive. Insgesamt sollte eine BSC nicht mehr als 20 Kennzahlen haben. An der konsequenten Auswahl und Reduzierung auf wenige Kennzahlen scheitern viele BSCs. Ziel sollte deshalb sein, in einer Scorecard den gesamten Bogen von der übergreifenden Story bis zu den wenigen wirklich entscheidenden Erfolgsfaktoren, Messgrößen und Maßnahmen auf der untersten Ebene zu schaffen, sodass das Unternehmenskonzept in seinem Alleinstellungsanspruch (USP) auf einen Blick nachvollziehbar wird.
Um die Größe und Vielfalt von Organisationen abzubilden, können auch BSC für einzelne Unternehmensbereiche aus der Konzern-BSC abgeleitet werden (bspw. eine Einkaufs-BSC oder eine Human-Resources-BSC). Die Ziele der Unternehmensbereiche werden so mit den Unternehmenszielen verknüpft.

Umsetzung


Zur Umsetzung und Integration mit Strategie-Diskussion und klassischem Controlling können und aus dem oder explizite Einführungskonzepte verwandt werden. Wesentlich sind folgende allgemeine Schritte:
Einführung vorbereiten:
  • Untersuchungs- und Handlungsraum abgrenzen
  • Handlungsideen und -maximen bestimmen
  • Umfeld-, Situations- und Potenzialanalysen durchführen, z. B. Branchenstrukturanalyse
  • Aufbau und Ablauf der BSC in Struktur und Detail überprüfen

Leitaussagen entwickeln: (Strategie-/Validierungs-Part)
  • Kernprobleme, -anforderungen und -möglichkeiten klären
  • Qualitative Ziele (Wirkungen) und Erfolgstreiber (Ursachen) ableiten
  • Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge bewerten, z. B. Matrix/Kreuztabelle
  • Leitmotive und -aussagen zusammenfassen (Vision/Mission)

Ziele runterbrechen: (Controlling-/Verifizierungs-Part)
  • Meßgrößen und Kennzahlen zu Zielen und Treibern entwickeln
  • Soll-/Ist-Werte sowie Zeitreihen und Abweichungen zu Kennzahlen ermitteln
  • Maßnahmen, Verantwortliche, Termine und Budgets festlegen
  • Handlungskonzept ausformulieren (Story/Strategie)

Scorecard einführen:
  • Kennzahlen in Controlling, Reporting und Forecasting einarbeiten
  • Inhalte der Scorecard kommunizieren
  • Umfeld regelmäßig überprüfen
  • Perspektiven, Ziele, Treiber, Meßgrößen, Kennzahlen, Maßnahmen, Termine, Budgets und Verantwortliche regelmäßig anpassen

Die ersten beiden Blöcke sind tendenziell zur Umwelt hin nach aussen, die beiden letzteren eher zur Organisation nach innen gerichtet. Durch definierte Arbeitspakete eines Standard-Umsetzungs-Konzeptes wird die notwendige regelmäßige Überarbeitung der BSC ermöglicht. Einzelne Arbeitsschritte können wiederholt werden, wenn sich Eingangsparameter ändern bzw. bei Widersprüchen oder fehlenden Commitments der Mitarbeiter. Die BSC kann so im Zeitablauf in der Organisation kontinuierlich weiterentwickelt werden.

Typische Perspektiven


In der Regel werden vier Perspektiven mit je rund ein bis zwei Zielen sowie korrespondierenden Maßnahmen und den dazugehörigen Kennzahlen verwendet. Wichtig hierbei ist, dass dieses System, anders als fast alle anderen Controllingsysteme, frei ist in der Determinierung der Dimensionen (die Anzahl der Perspektiven kann durchaus größer oder kleiner sein). Häufig werden zwar die in der Literatur und nachfolgend beschriebenen Perspektiven verwendet. Die Stärke der BSC liegt jedoch darin, dass z. B. Umweltfaktoren oder eine Ökobilanz ebenso Eingang finden können wie z. B. Stakeholder-Betrachtungen oder branchenspezifische Faktoren.
Nachfolgend sind die Perspektiven nach Robert S. Kaplan und David P. Norton aufgeführt und mit jeweils zwei beispielhaften Kennzahlen illustriert:
Finanzperspektive: Kennzahlen zum Erreichen der finanziellen Ziele.
  • pro Vertriebsbeauftragtem: Unterstützt das Wachstum des Unternehmens, nicht notwendigerweise die Profitabilität.
  • Kosten pro Stück: Unterstützt das Kostenbewusstsein, hohe Volumina – steht aber der Qualität entgegen.

Kundenperspektive: Kennzahlen zum Erreichen der Kundenziele.
  • Kundenzufriedenheit: Unterstützt kundenorientiertes Verhalten, nicht notwendigerweise kurzfristigen Gewinn, ist dabei aber schwierig zu messen.
  • Zeit zwischen Kundenanfrage und Antwort: Unterstützt zeitgerechtes Reagieren auf Kundenanfragen, wird oft in Verbindung mit Prioritäten verwendet.

Interne bzw. Prozessperspektive: Kennzahlen zum Erreichen der internen Prozess- und Produktionsziele.
  • Prozessqualität: Unterstützt die ausgelieferte Qualität, nicht notwendigerweise einen effektiven und effizienten Produktionsprozess.
  • Prozessdurchlaufzeit: Unterstützt schnelle Durchlaufzeiten, geringe Kapitalbindung und wenig Zwischenlager. Kann mittels Process Performance Management detailliert und kontinuierlich ausgewertet werden.

Mitarbeiter-, Potenzial- bzw. Lern- und Wachstumsperspektive: Kennzahlen zum Erreichen der (langfristigen) Überlebensziele der Organisation.
  • Umsatzverhältnis neuer Produkte zu alten Produkten: Unterstützt schnelle Neu- und Weiterentwicklung von Produkten.
  • Fluktuation von Leistungsträgern aus der Organisation heraus: Unterstützt die langfristige Beschäftigung von Leistungsträgern in der Organisation, fördert Leistungsdifferenzierung, kann Querdenker blockieren.


Beispiel


In einem Unternehmen soll als wesentliches Teilziel die Kundenorientierung verbessert werden. Die Perspektive ist hier also die des Kunden. Als kritische Faktoren werden dabei eine sehr gute Termintreue, wenige Anlässe zu Beanstandungen und schneller Service bzw. kurze Reparaturdauern gesehen. Gleichzeitig dürfen die Kosten nicht wesentlich erhöht werden.
Damit können etwa die folgenden Kennzahlen eingesetzt werden:
  • Anteil nicht eingehaltener Terminzusagen
  • Anteil beanstandeter Produkte nach Auslieferung
  • Durchschnittliche Verweildauer bei Kundendienst und Reparatur
  • Kosten pro Produkt

Diese werden zunächst ermittelt, etwa zu 20 Prozent nicht eingehaltene Termine, zehn Prozent Beanstandungen und vier Wochen Verweildauern. Im nächsten Jahr sollen dann nur noch weniger als zehn Prozent der Termine nicht eingehalten werden, die Anzahl der Beanstandungen soll auf sieben Prozent verringert werden und die Verweildauer im Schnitt nur noch drei Wochen betragen. Als Maßnahmen kommen Verbesserung der Terminplanung (Termintreue), Verbesserung des Qualitätsmanagements und Vergrößerung der Anzahl Mitarbeiter in der Service- und Reparaturabteilung (Verweildauer) in Betracht. Da die letzte Maßnahme die Kosten wesentlich erhöhen würde, kann auch oder zusätzlich versucht werden, die Effizienz der Abteilung zu verbessern. Ein hoher Krankenstand spricht für eine geringe Mitarbeiterzufriedenheit. Auch Schulungsmaßnahmen sind in den letzten Jahren nicht durchgeführt worden. Als weitere Kennzahlen werden deshalb herangezogen:
  • Durchschnittliche Anzahl Krankheitstage
  • Durchschnittliche Schulungstage pro Mitarbeiter


Weiterentwicklungen und Anwendungen


Die Balanced Scorecard als Vorgehenskonzept kann nicht nur auf ein Unternehmen und seine Führung angewandt werden. Weitere Anwendungsgebiete sind zum Beispiel unternehmensübergreifende Projekte. Für diese wurden die Perspektiven der Balanced Scorecard angepasst und mit dem Begriff der Project scorecard belegt.
Eine Weiterentwicklung des Vorgehenskonzeptes der Balanced Scorecard und Anpassung auf interaktive Internet-Anwendungen ist die collaborative balanced scorecard. Das Ergebnis einer collaborative balanced scorecard entspricht demjenigen einer Balanced Scorecard. Bei der Erstellung der collaborative balanced scorecard wirken jedoch neben Managern auch viele Experten aus der Organisation mit. Das Vorgehen zur Entwicklung ist angelehnt an das Vorgehen der peer production in der Softwareentwicklung.2 Erste Anwendungen eines kollaborativen Ansatzes wurden etwa innerhalb von Xerox erfolgreich durchgeführt.3 Weiterhin stehen für die Erstellung von Balanced Scorecards zahlreiche Programme zur Verfügung. Für die Visualisierung der Kennzahlen kommen oft Kennzahlen-Cockpits zum Einsatz.
Da die Balanced Scorecard letztlich auf einem positiven Modell basiert, kann es erkenntnistheoretisch im Sinne einer Falsifizierung sinnvoll sein, die Scorecard statt auf Nutzen, Strategie, Chancen und "richtiges" Handeln im Gegenteil konsequent auf potenziellen Schaden, Hygiene, Risiken und Fehlervermeidung auszurichten. Dabei müsste entsprechend durchgängig auf die möglichen Fehler mit den größten Schadens-Risiken abgestellt und die BSC konsequent mit einer Fehler-Möglichkeiten- und Einfluss-Analyse (FMEA) ergänzt bzw. integriert oder gleich durch diese ersetzt werden. In diesem Fall wäre die FMEA, der ebenfalls ein Ursache-Wirkungs-Modell zugrunde liegt, auf alle Perspektiven auszudehnen. Das Verhältnis von Regel (Objekt/Funktion) und Ausnahme (Maßnahme) würde dadurch indes umgekehrt und das regelmäßige Handeln grundsätzlich als Vermeidung und Beseitigung von Mängeln, Ausnahmen und Fehlern begriffen (Schadens- statt Nutzen-Orientierung).

Bewertung



Chancen


  • Balanced Scorecards ermöglichen es, Strategien darzustellen, zu operationalisieren und zu kommunizieren.
  • Die Vision bzw. Strategie lässt sich in operatives Handeln (Maßnahmen) herunterbrechen.
  • Die Einbeziehung von lead- (vorlaufend / Ursachen) und lag-Indikatoren (nachlaufend / Wirkungen) vermittelt ein ausgewogenes (balanced) Bild und ermöglicht eine vorausschauende Planung und Führung. Das Geschäftsmodell lässt sich so durch strukturelle Frühindikatoren hoffentlich erfolgreich steuern.
  • Sie ermöglicht die Verknüpfung mehrerer bzw. aller anderen Controllinginstrumente (Kleber-Funktion)
  • Sie offenbart Defizite und wichtige Aufgaben.
  • Die Wirkungszusammenhänge zwischen den einzelnen Unternehmenszielen werden deutlich.
  • Die einfache Struktur ermöglicht eine Komplexitätsreduktion in der Steuerung.
  • Maßnahmen und Verantwortlichkeiten lassen sich begründen.
  • Mitarbeiter werden gestärkt: Sie erhalten eine eigene Perspektive. Ihre Tätigkeit leistet einen messbaren Beitrag zur Umsetzung der Gesamtstrategie der Unternehmung.
  • Die Balanced Scorecard bezieht neben monetären Zielen auch nichtmonetäre Ziele mit ein, was sie zu einem „ganzheitlichen“ Managementprozess macht.
  • Es bietet sich die Möglichkeit einer Einbeziehung bzw. Ausrichtung an dem Gedanken des Shareholder Value bzw. Discounted Cash Flow / Unternehmenswert.


Risiken


  • Eine Balanced Scorecard birgt wie jedes Kennzahlensystem die Gefahr, falsche bzw. unrealistische Ziele umzusetzen. Auch „schlechte“ Strategien werden durch den professionellen Prozess umgesetzt.
  • Es besteht die Gefahr, die Balanced Scorecards mit zu vielen und zu komplexen Zielen zu überfrachten.
  • Eine oberflächliche Betrachtung der Balanced Scorecard kann fälschlicherweise zu einer einseitigen Konzentration auf die Kennzahlen, insbesondere vergangenheitsbasierte Kennzahlen, führen. In diesem Fall geht die eigentliche Intention der Balanced Scorecard verloren, die Ausrichtung des Handelns an strategischen Zielen und dem nachhaltigen, zukunftsorientierten Aufbau von Potenzialen (= Handlungsoptionen für die Zukunft).
  • Durch die Fixierung auf Kennzahlen kann es zur bewussten Manipulation oder zu einer einseitigen Optimierung der Kennzahlen kommen - insbesondere, wenn die Vergütung der Mitarbeiter an die Erfüllung von Kennzahlen gebunden ist. Daher ist das Prinzip der Ausgewogenheit (Balance zwischen den einzelnen Zielen) zu beachten, um eine Fehlsteuerung zu vermeiden.
  • Die unreflektierte Anwendung der Ergebnisse der Prozesskostenrechnung ohne Begleitung durch ein Balanced-Scorecard-Management kann zu gravierenden Fehlentscheidungen führen und somit den Betriebserfolg gefährden.
  • Die Operationalisierung kann dazu verführen, sich auf eine Papierform, statt auf das konkret Gegebene zu verlassen und somit sich schnell verändernde Umweltbedingungen nur unzureichend wahrzunehmen und darauf zu reagieren. Dies muss gegebenenfalls durch eine unabhängige oder im Rahmen der BSC besondere Chancen-Risiken-Sensorik/-Seismographik (Perspektiven, Objekte, Messgrößen, Kennzahlen) abgefangen werden ebenso wie Stärken/Schwächen-,Umsatz/Kosten- oder Innovations-/Traditions-Aspekte.
  • Vorsicht ist angebracht, wenn Programme die Leistungs- und Verhaltenskontrolle von Mitarbeitern ermöglichen. Wenn derart betroffene Mitarbeiter bei der Einführung nicht ausreichend mitentscheiden konnten, besteht das Risiko fehlender Akzeptanz. Ferner unterliegt eine derartige Verwendung bei Unternehmen in Deutschland mit Betriebsrat der Mitbestimmung nach dem Betriebsverfassungsgesetz.
  • Studien zeigen, dass die größten Umsetzungserfolge letztlich durch eine Fokussierung auf die Ziel-Maßnahmen-Verknüpfungen (Relevanz,- Plausibilitäts- bzw. Signifikanz-Kriterium) bzw. das Maßnahmen-Management anstelle der Kennzahlenorientierung erreicht werden.


Kritik


Für die Umsetzung der Unternehmensstrategie mit dem Instrument der Balanced Scorecard ist es erforderlich, für jede Planabweichung den Verantwortlichen für die entsprechende Kennzahl heranzuziehen, um die langfristige Akzeptanz sicherzustellen. Dabei sollte beachtet werden, dass der Kennzahlen-Verantwortliche nicht für jede eingetretene Planabweichung verantwortlich gemacht werden kann. Gerade bei exogenen Störungen (z. B. Konjunktur, Rohstoffpreisen etc.) ist der Grund für die Planabweichungen nicht bei den Kennzahlen-Verantwortlichen zu suchen. Daher ist es von grundlegender Bedeutung, dass zwischen „zu verantwortenden“ und „nicht zu verantwortenden“ Planabweichungen klar unterschieden wird. Die beste Möglichkeit, dies zu erreichen, besteht darin, schon bei der Entwicklung einer Balanced Scorecard die einer Kennzahl zuzuordnenden Risiken anzugeben, denn genau diese Risiken beschreiben eine „nicht zu verantwortende“ Abweichung von einem Plan- oder Erwartungswert. Mit dieser Vorgehensweise ist eine Integration von strategischem Management (Balanced Scorecard) und Risikomanagement möglich, was die Effizienz und die logische Konsistenz beider Systeme fördert.
Aktuell spielen Risiken in den Balanced Scorecards kaum eine Rolle, was daran liegen kann, dass Kaplan und Norton in ihrer Beschreibung der Balanced Scorecard diesem Thema nahezu keinen Raum eingeräumt haben. Daher ist eine Weiterentwicklung der traditionellen Balanced Scorecard unter Zuordnung von Risiken zu den Kennzahlen eine logische Konsequenz, um die Umsetzung einer wertorientierten Unternehmensstrategie voranzutreiben.

Siehe auch


  • Liste der Controllinginstrumente
  • Quality Function Deployment


Einzelnachweise



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Literatur



Englisch


  • Robert S. Kaplan, David P. Norton: The Balanced Scorecard - Measures that Drive Performance. In: Harvard Business Review. 1992, Januar-Februar, S. 71-79.
  • Robert S. Kaplan, David P. Norton: Putting the Balanced Scorecard to work. In: Harvard Business Review. 1993, September-Oktober, S. 134-147.


Deutsch


  • Robert S. Kaplan, David P. Norton: Balanced Scorecard. Strategien erfolgreich umsetzen. Stuttgart 1997, ISBN 3-7910-1203-7.
  • Robert S. Kaplan, David P. Norton: Strategy Maps. Der Weg von immateriellen Werten zum materiellen Erfolg. Verlag Schäffer-Poeschel, Stuttgart 2004, ISBN 3-7910-2239-3.
  • Frank Barthélemy, Heinz-Dieter Knöll, André Salfeld, Christoph Schulz-Sacharow, Dorothee Vögele: Balanced Scorecard - Erfolgreiche IT-Auswahl, Einführung und Anwendung: Unternehmen berichten. 2009, ISBN 978-3-8348-0686-4.
  • Roland Abel: [http://www.boeckler.de/pdf/mbf_bsc_umfrage_br1.pdf Die Balanced Scorecard im Arbeitsfeld von Betriebsräten]. Düsseldorf 2001 (Studie der Hans-Böckler-Stiftung zum Einsatz der BSC in Unternehmen und die Einbeziehung der Interessenvertretung).
  • H. Friedag, W. Schmidt: Balanced Scorecard. Mehr als ein Kennzahlensystem. 4. Auflage. Haufe Verlag, Freiburg im Breisgau 1999, ISBN 3-448-04979-4.
  • H. Friedag, W. Schmidt: [http://www.scorecard.de/wp-content/uploads/2010/08/pdf-taschenguide-2_Auflage_05.pdf Taschenguide Balanced Scorecard]. 3. Auflage. Haufe Verlag, Freiburg im Breisgau 2007, ISBN 978-3-448-07976-0.
  • Hans-Jörg Vohl: Balanced Scorecard im Mittelstand. Veränderungsprozesse in mittelständischen Unternehmen (KMU) mit der Balanced Scorecard (BSC) meistern. Murmann Verlag, Hamburg, 2004, ISBN 3-938017-03-1.
  • Horváth & Partners (Hrsg.): Balanced Scorecard umsetzen. 4. Auflage. Verlag Schäffer-Poeschel, Stuttgart 2007.
  • J. Weber, U. Schäffer: Balanced Scorecard und Controlling. Gabler Verlag, 1999, ISBN 3-409-11518-8.
  • C.W.Gerberich: Integrierte Lean Balanced Scorecard: Methoden, Instrumente, Fallbeispiele. Gabler Verlag, 2006, ISBN 3-8349-0222-5.
  • S. Schaltegger, T. Dyllick (Hrsg.): Nachhaltig managen mit der Balanced Scorecard. Konzepte und Fallstudien. Gabler, Wiesbaden 2002, ISBN 3-409-12080-7 [http://www2.leuphana.de/umanagement/csm/content/nama/downloads/pdf-dateien/publikationen-download/Schaltegger_Dyllick_Nachhaltig_managen_Balanced_Scorecard.pdf CSM Lüneburg] pdf-Datei (3,7 MB)
  • M. Griga, R. Krauleidis: Balanced Scorecard für Dummies. Wiley-VCH Verlag, 2009, ISBN 978-3-527-70466-8.
  • ICV Internationaler Controller Verein: [http://www.controllerverein.com/redaktion/download.php?id=76&type=file ''Statement Balanced Scorecard] (PDF)
  • Die Bedeutung der Balanced Scorecard für die gesetzliche Krankenversicherung – eine Bestandsaufnahme, in: Mühlbauer BH, Kellerhoff F, Matusiewicz D (Hg): Zukunftsperspektiven der Gesundheitswirtschaft, Reihe: Gesundheitsökonomie: Politik und Management, Bd. 10, LIT-Verlag, 2012, S. 319-340.


Weblinks


  • [http://www.oracle.com/technetwork/middleware/performance-scorecard/overview/index.html Download-Link zu Hyperion 9 Performance Scorecard (Freeware) von ORACLE Enterprise Performance Management]



Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Balanced_Scorecard

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